2. Entrichtung der Gebühr
Gemäß Art. 5 (2) und Art. 7 (2) GebO stellt das EPA laufende Konten für die Entrichtung der an das EPA zu zahlenden Gebühren zur Verfügung (nicht jedoch für die Gebühren gemäß Art. 17 VEP – s. D 9/17). Es gelten hier die Vorschriften über das laufende Konto (VLK) und ihre Anhänge. Für die geltende Fassung und zugehörige Mitteilung, s. Zusatzpublikation 4, ABl. 2019; für Änderungen, s. ABl. 2020, A77 und ABl. 2020, A78, ABl. 2021, A26, A60 und ABl. 2021, A61). Hinweis: 2022 wird eine revidierte Fassung der VLK veröffentlicht.
Zahlungen von einem laufenden Konto werden per Abbuchungsauftrag vorgenommen, und die meisten Gebühren werden auf diese Weise entrichtet. Seit 2017 müssen beim EPA erteilte Abbuchungsaufträge in einem elektronisch verarbeitbaren Format auf einem zulässigen Weg eingereicht werden (Nr. 5 VLK). Damit ist insbesondere das frühere Zahlungsformblatt EPA Form 1010 hinfällig geworden (Näheres zu Abbuchungsaufträgen, die ungültig sind, weil sie auf anderem Weg oder in einem anderen Format eingereicht wurden, s. Nr. 5.1.3 VLK, Zusatzpublikation 4, ABl. 2019, und Beschluss des Präsidenten, ABl. 2021, A26; s. auch T 590/18 vom 4. Juli 2018 date: 2018-07-04 in Kapitel III.A.2.2.1, T 2575/19 und T 703/19). Daraus ergibt sich, dass einige Entscheidungen in diesem Kapitel nur noch begrenzt anwendbar sind.
Die langjährige Praxis des EPA, Abbuchungsaufträge von Amts wegen zu berichtigen, geht zurück auf T 152/82 date: 1983-09-05 (Abbuchungsauftrag I, ABl. 1984, 301), wonach ein Abbuchungsauftrag ungeachtet der in ihm enthaltenen unrichtigen Angaben (hier der falsche Gebührenbetrag) zu vollziehen ist, wenn das vom Auftraggeber Gewollte eindeutig erkennbar ist (s. Leitsatz II). Siehe auch die jüngste Entscheidung T 1474/19. In T 17/83 date: 1983-09-20 (Abbuchungsauftrag II, ABl. 1984, 306) kam die Kammer mit Verweis auf T 152/82 date: 1983-09-05 zu folgendem Schluss: wenn eine an das EPA gerichtete Eingabe die Mitteilung enthält, dass zur Zahlung einer Gebühr ein Abbuchungsauftrag erteilt war, so kann diese Mitteilung hilfsweise selbst als Abbuchungsauftrag gewertet werden, wo der erwähnte Abbuchungsauftrag nicht ermittelt werden konnte (s. Leitsatz). Diese Entscheidungen wurden bestätigt in T 170/83date: 1983-09-20 (Abbuchungsauftrag III, ABl. 1984, 605), wo festgestellt wurde, dass es bei der Zahlung per Abbuchungsauftrag um die Frage gehe, ob das EPA rechtzeitig ermächtigt wurde, über vorhandenes Geld für einen ganz bestimmten Zahlungszweck zu verfügen, trotz mancher Formmängel (hier die versehentliche Verwendung eines für ein nationales Amt bestimmten Formulars). Unter Anwendung dieses Ansatzes kam die Kammer in T 152/85 (ABl. 1987, 191) zu dem Schluss, dass innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Unterlage eingereicht wurde, die als Abbuchungsauftrag hätte angesehen werden können.
In T 1265/10 sah die Kammer unter den besonderen Umständen des Falles das Ankreuzen von Abschnitt X des Einspruchs (EPA-Formblatt 2300) zum Hinweis auf einen beigefügten Gebührenzahlungsvordruck (wobei beim EPA allerdings keine entsprechende Anlage vorgefunden wurde) als eine Absichtserklärung, die Einspruchsgebühr zu entrichten. Ein Abbuchungsauftrag muss klar als solcher erkennbar sein und vom klaren und unmissverständlichen Willen zeugen, eine bestimmte Zahlung vorzunehmen (T 170/83, ABl. 1984, 605; T 152/82 date: 1983-09-05, ABl. 1984, 301; T 152/85, ABl. 1987, 191). In T 170/83 sei festgestellt worden, dass eine aus den gegebenen Umständen abzuleitende Ermächtigung zunächst voraussetzt, dass der Auftraggeber (Kontoinhaber) bekannt und eindeutig erkennbar ist, dass ganz bestimmte, in einem bekannten Verfahren vor dem EPA fällige Gebühren im Wege der Abbuchung (und nicht etwa in einer noch offenstehenden Weise) gezahlt werden sollen. In Anlehnung an die Sache T 806/99, der ein fast identischer Sachverhalt zugrunde lag, befand die Kammer, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren. Dies war für die Zahlung der Gebühr ausreichend.
In J 14/12 stellte sich die Frage, ob auf die entrichteten Jahresgebühren für eine Teilanmeldung Zuschlagsgebühren zu zahlen waren. Die Kammer stellte hinsichtlich einiger Jahresgebühren fest, dass ein innerhalb der Viermonatsfrist von R. 51 (3) Satz 2 EPÜ eingereichtes Schreiben, in dem (allgemein) um Abbuchung der mit der Einreichung der Teilanmeldung fällig werdenden Gebühren ersucht wurde, in Verbindung mit dem zusammen mit der Anmeldung eingereichten internen Gebührenberechnungsblatt genügte, um die Anforderungen an den Inhalt eines gültigen Abbuchungsauftrags zu erfüllen (s. frühere Nr. 6.3 VLK, veröffentlicht in der Beilage zum ABl. 3/2009). Die betreffenden Jahresgebühren waren damit rechtzeitig entrichtet worden, sodass keine Zuschlagsgebühren anfielen.
In T 198/16 entschied die Kammer, dass die in der elektronisch eingereichten Beschwerdeschrift enthaltene Aussage "Die Beschwerdegebühr wird mit dem beigefügten Formblatt 1010 entrichtet" (wobei das Formblatt nicht beigefügt war) kein "klarer, eindeutiger und vorbehaltloser" Abbuchungsauftrag gemäß Nr. 6.3 VLK 2015 war, sondern eine bloße Absichtserklärung, einen solchen Abbuchungsauftrag zu erteilen (T 1265/10 unterschied sich in dieser Hinsicht). S. dazu auch T 703/19 (Entrichtung der Beschwerdegebühr per Online-Gebührenzahlung).
In der früheren Entscheidung T 170/83 (ABl. 1984, 605 – s. oben) befand die Kammer, dass die Führung des laufenden Kontos nicht Bestandteil des Erteilungs- oder Einspruchsverfahrens sei, sodass R. 88 Satz 1 EPÜ 1973 in diesem Bereich keine Anwendung finde (vgl. R. 139 Satz 1 EPÜ). Die Bewirkung einer Zahlung sei ein tatsächlicher Vorgang, d. h. dass dem EPA zum maßgebenden Zeitpunkt ein bestimmter Betrag verfügbar gemacht werde (Art. 9 (1) Satz 1 GebO 1973; vgl. jetziger Art. 8 Satz 1 GebO). Eine ähnliche Feststellung wurde in der Entscheidung T 152/85 (ABl. 1987, 191) getroffen. Allerdings wurde in einigen neueren Kammerentscheidungen R. 139 Satz 1 EPÜ zur Berichtigung eines Fehlers in einem Abbuchungsauftrag angewandt – vor dem Hintergrund der oben erwähnten Aufnahme von strengeren Bedingungen für die Einreichung von Abbuchungsaufträgen in Nr. 5 VLK (s. T 1000/19) und auch im Zusammenhang mit Abbuchungsaufträgen, in denen versehentlich die ermäßigte statt der vollen Beschwerdegebühr angegeben worden war (s. Kapitel V.A.2.5.4).
In T 773/07 war auf dem Konto des Beschwerdeführers keine ausreichende Deckung zur Zahlung der Beschwerdegebühr vorhanden. Das Vorbringen, die Beschwerdegebühr hätte vor der Abbuchung sechs weiterer Gebühren an dem betreffenden Tag abgebucht werden sollen oder können, wies die Kammer zurück. Es sei nicht Aufgabe der Buchhaltung des EPA, Prioritäten bei den zu zahlenden Gebühren zu setzen, zumal gemäß den VLK der Kontoinhaber dafür Sorge zu tragen habe, dass auf dem Konto stets eine ausreichende Deckung vorhanden sei.
In T 871/08 vom 23.2.2009 date: 2009-02-23 hatte der Einsprechende angekündigt, die Beschwerdegebühr per Online-Abbuchungsauftrag zu zahlen, aber gleichzeitig das EPA beauftragt, den Betrag einzuziehen, falls die Abbuchung nicht bis einen Tag vor Ablauf der Frist nach Art. 108 EPÜ 1973 erfolgt sein sollte. Die Kammer erklärte, dass für die Entrichtung der Beschwerdegebühr allein der Beschwerdeführer oder sein Vertreter verantwortlich ist und er sich dieser Verantwortung nicht entziehen kann, indem er sie auf das Amt abwälzt, geschweige denn, den Abbuchungsauftrag an bestimmte Bedingungen knüpft. In T 2364/12 wurde jedoch aufgrund der dort gegebenen Sachlage eine andere Auffassung vertreten. Wohlgemerkt heißt es, dass in Abbuchungsaufträgen nun auch ein späterer Ausführungstermin angegeben werden kann.
Wird, wie in T 270/00 bestätigt, ein automatischer Abbuchungsauftrag nach dem maßgeblichen Zahlungstag für die Beschwerdegebühr widerrufen, so hat dies keinen Einfluss mehr auf die Zahlung. Die wirksame Entrichtung der Beschwerdegebühr ist ein Tatbestand, der nicht rückgängig gemacht werden kann und nicht zur Disposition des Beschwerdeführers steht. Zum Widerruf eines automatischen Abbuchungsauftrags am Tag seiner Ausführung siehe J 6/21.
- T 1678/21
Catchword:
1. From the company name of an appellant alone it can generally not be derived that the appellant does not meet the conditions of Rule 6(4,5) EPC in conjunction with European Commission Recommendation 2003/361/EC of 6 May 2003 for payment of the reduced appeal fee. This applies even where a company name is well-known. 2. Where it is not clear from the file at the end of the appeal period whether or not an appellant at the point in time of payment of the reduced fee meets the conditions of Rule 6(4,5) EPC, no clear intention to pay the regular appeal fee can be detected that under the principles of T 152/82 would entitle the EPO to ex officio debit the amount of the regular fee. 3. An appellant who gives a debit order for payment of the reduced appeal fee even though it clearly does not meet the conditions of Rule 6(4,5) EPC commits an obvious mistake in the meaning of J 8/80 and G 1/12. Such an appellant is imputed to have had the clear intention to pay the regular fee, reason why no evidence to prove this intention is required. 4. The exhaustive criteria to assess Rule 139 EPC are "principles" (a) to (c) of G 1/12, i.e. essentially those of J 8/80, points 4 and 6: (a) The correction must introduce what was originally intended. (b) Where the original intention is not immediately apparent, the requester bears the burden of proof, which must be a heavy one. The same applies, pursuant to J 8/80, point 6, where the making of the mistake is not self-evident. (c) The error to be remedied may be an incorrect statement or an omission. complemented by criterion (d) balancing of the public interest in legal certainty with the interest of the party requesting correction, with the factors (i.e. sub-criteria of this criterion) relevant to the specific case.
- T 71/21
Catchword:
Berichtigung der Erklärung betreffend die Methode für die Entrichtung der Beschwerdegebühr im Formblatt 1038 - Ermittelung der ursprünglichen Absicht bei der Auswahl der Zahlungsmethode, siehe Entscheidungsgründe 6.4
- T 1474/19
Catchword:
I. A debit order has to be interpreted on its substance, according to the (objectively) clear intention of the appellant expressed therein to pay a fee in the applicable amount.
II. Under the Arrangements for deposit accounts valid as from 1 December 2017 (ADA 2017), a debit order having the clear purpose of paying a particular fee (here: the appeal fee) authorises the EPO to debit that fee in the applicable amount.
- Jahresbericht: Rechtsprechung 2022
- Zusammenfassungen der Entscheidungen in der Verfahrensprache