4.3.5 Unvollständiges Vorbringen in Beschwerdebegründung oder Erwiderung – Artikel 12 (3) VOBK 2020 in Verbindung mit Artikel 12 (5) VOBK 2020
In T 2457/16 hatte der Patentinhaber die Kammer und den Einsprechenden darüber im Unklaren gelassen, in welcher Reihenfolge die Hilfsanträge zu prüfen sind, welche Änderungen genau in diesen Anträgen durchgeführt wurden und worin deren Zweck besteht. Die Kammer befand, dass eine solche Vorgehensweise mit dem Erfordernis des Art. 12 (3) VOBK 2020 unvereinbar ist, denn dadurch überträgt der Patentinhaber die eigentlich ihm obliegende Aufgabe auf den Einsprechenden und die Kammer, unter der Vielzahl von Anträgen denjenigen herauszufiltern, der letzten Endes gewährbar sein könnte (s. auch R 11/08). Die Kammer entschied daher die betreffenden Hilfsanträge nicht zum Verfahren zuzulassen (Art. 12 (4), 12 (2) VOBK 2007 sowie Art. 12 (3), (5) VOBK 2020).
Im Ex-parte-Fall T 1421/20 wurden in der Beschwerdebegründung Anträge eingeführt und kommentiert, aber keine Ansprüche eingereicht, weshalb es nach Art. 12 (5) VOBK 2020 im Ermessen der Kammer stand, sie nicht zuzulassen. Die Kammer berücksichtigte, dass die Anträge ein Merkmal enthielten, das zuvor für unklar befunden worden war. Da keiner der strittigen Anträge das Erfordernis der Klarheit erfüllte, übte die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, diese Anträge nicht zuzulassen.