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Philippe Cinquin, Serge Cosnier, Chantal Gondran, Fabien Giroud

Glukose-Brennstoffzelle

Preiskategorie
Forschung
Technisches Gebiet
Elektrische Maschinen und Geräte, Energie
Hochschule
Joseph Fourier University
Was, wenn Implantate wie z. B. Schrittmacher ihren Strom statt aus Batterien direkt aus dem menschlichen Körper beziehen könnten und sich so Risiko und Kosten von chirurgischen Eingriffen zum Batteriewechsel verringern ließen? Ein Team französischer Wissenschaftler hat erfolgreich ein Mikrogerät implantiert, das aus dem Blutzucker von Säugetieren Elektrizität erzeugt, und hat damit die Suche nach autarken Stromquellen, die nicht wieder aufgeladen werden müssen, einen entscheidenden Schritt vorangebracht.

Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2014

Die Erfindung von Philippe Cinquin, Serge Cosnier und ihrem Team an der Joseph-Fourier-Universität in Grenoble ist de facto eine "lebende Batterie": eine Brennstoffzelle und leitfähige Drähte, modifiziert mit reaktiven Enzymen, die auf die unerschöpflichen Glukosequellen des menschlichen Körpers zurückgreifen und einfachen Zucker, die Energiequelle lebender Zellen, in Elektrizität umwandeln.

Schon seit den 1960er-Jahren gibt es Visionen von implantierbaren Biobrennstoffzellen, die natürliche, körpereigene Energiequellen für den Antrieb von Schrittmachern oder künstlichen Herzen nutzen. Doch erst die Erfindung des französischen Forscherteams rückt die Nutzbarmachung dieser Energie in greifbare Nähe. Dabei haben sie es geschafft, ihre Erkenntnisse auf völlig unterschiedlichen Gebieten zu einer äußerst vielversprechenden Erfindung zu vereinen.

Gesellschaftlicher Nutzen

Die von Philippe Cinquin und Serge Cosnier entwickelte Biobrennstoffzelle verspricht Erleichterung für Millionen Patienten, die für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auf medizinische Implantate wie z. B. einen Schrittmacher angewiesen sind. Schrittmacher retten Leben, doch ist ihre eigene Lebensdauer begrenzt, denn die Batterien sind nach acht Jahren erschöpft. Dann ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich, der sowohl riskant als auch teuer sein kann. Die Brennstoffzelle der französischen Wissenschaftler wäre eine unerschöpfliche Energiequelle und würde die Stromversorgung medizinischer Geräte im menschlichen Körper revolutionieren.

Wirtschaftlicher Nutzen

Auch wenn die Biobrennstoffzellentechnologie noch nicht auf dem Markt erhältlich ist, eröffnet die Arbeit der Franzosen lukrative Perspektiven für verschiedene Gebiete und insbesondere für die Medizintechnik. Der Weltmarkt für mikroelektronische medizinische Implantate, Zubehör und Teile hatte 2010 ein Volumen von 11,1 Mrd. Dollar und dürfte den Prognosen zufolge bis 2016 - bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 8,9 % - auf 17,9 Mrd. Dollar anwachsen.

Die höchsten Steigerungsraten auf diesem Markt haben Ohrimplantate, Neurostimulatoren und implantierbare Arzneimittelpumpen. Die Stromversorgung dieser Implantate ist ein großes Problem, insbesondere bei Geräten, die eine stimulative Funktion haben oder kontinuierliche Messungen durchführen. Hier wie bei der Stromversorgung aller elektronischen Implantate dürfte die Zukunft in Technologien liegen, die vom Körper selbst produzierte Energie nutzen. Eine dieser Technologien ist die Biobrennstoffzelle von Philippe Cinquin und Serge Cosnier.

Funktionsweise:

Biobrennstoffzellen, die die im Körper vorhandene Glukose in Energie umwandeln, funktionieren ganz ähnlich wie herkömmliche Batterien, die zwischen einem positiven Pol (Anode) und einen negativen Pol (Kathode) Elektrizität durch ein leitfähiges Medium (Elektrolyt) leiten. Erzeugt wird die Elektrizität durch eine Reihe elektrochemischer Reaktionen zwischen diesen drei Komponenten. Die Reaktionen werden anhand von Enzymen katalysiert, die mit der im Blut vorhandenen Glukose reagieren.

Körperflüssigkeiten, die Glukose und Sauerstoff enthalten, dienen als Elektrolyt. Als Anode werden zwei Enzyme verwendet: das Erste spaltet die Glukose, die immer dann produziert wird, wenn ein Tier oder ein Mensch Nahrung aufnimmt; das Zweite oxidiert dann die kürzeren Zuckermoleküle und setzt dabei Elektronen frei. Diese Elektronen zieht es zur Kathode, und es fließt ein elektrischer Strom. Die dabei entstehende elektrische Ladung wird in einem mit der Biobrennstoffzelle verbundenen Kondensator gespeichert.

Die Erfinder:

Philippe Cinquin, geboren in Marokko, ist Mathematiker und Mediziner und gilt als Pionier auf dem Gebiet der computer- und robotergesteuerten medizinischen Eingriffe. Er ist Professor an der Joseph-Fourier-Universität in Grenoble und praktiziert zudem als Arzt an der dortigen Universitätsklinik. Seine Erfindungen kommen in kommerziellen klinischen Geräten zum Einsatz, mit denen schon hunderttausende Patienten behandelt wurden.

Der in Toulouse geborene Serge Cosnier hat sich mit wichtigen Forschungsbeiträgen auf dem Gebiet der Bioelektrochemie einen Namen gemacht. Er leitet  die Abteilung Molekulare Chemie an der Joseph-Fourier-Universität und am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Grenoble, wo er auch Forschungsdirektor ist. 2013 wurde er zum Mitglied der Academia Europaea ernannt, der unter anderem 38 Nobelpreisträger angehören.

Wussten Sie das?

Die Erfolge von Cinquin, Cosnier und ihrem Team waren die Vorarbeit zu entsprechenden Versuchen an Schalentieren. Eine Gruppe von Wissenschaftlern im US-Bundesstaat New York implantierte 2012 lebenden Hummern Elektroden und verband diese mit einer Digitaluhr. Mehrere Monate früher hatte bereits ein anderes Forscherteam ein ähnliches Experiment durchgeführt, als es einen Elektromotor durch drei Muscheln antreiben ließ.

 

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