Biologisch abbaubare Binden und Tampons zur Bekämpfung von Menstruationsarmut: Rafaella de Bona Gonçalves als Finalistin für den Young Inventors prize 2022 nominiert
- Brasilianische Erfinderin Rafaella de Bona Gonçalves für Preis des Europäischen Patentamts (EPA) für ihre nachhaltigen Hygieneprodukte für benachteiligte Gruppen nominiert
- Die biologisch abbaubaren Tampons und Binden auf Pflanzenfaserbasis sind so konzipiert, dass sie kostengünstig und solidarischen Geschäftsmodellen zugänglich sind
- Die Binden sollen im Rahmen einer "Buy-one, give-one"- Kampagne eingeführt werden
München, 24. Mai 202 2 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt bekannt, dass die brasilianische Produkt- und Dienstleistungsdesignerin Rafaella de Bona Gonçalves für ihre biologisch abbaubaren Damenbinden und Tampons, die Menstruationshygiene für benachteiligte Gruppen verbessern soll, für den erstmalig verliehenen Preis für junge Erfinderinnen und Erfinder nominiert worden ist. Sie verwendete Bananenabfallfasern, um ein Tamponrolldesign für obdachlose Frauen zu entwickeln und später multifunktionale, biologisch abbaubare Binden, die nach dem Prinzip „Buy-one, give-one" verkauft werden sollen.
De Bona Gonçalves hofft, mit ihren Produktentwürfen und durch die Verwendung von Bambusfolien, Zellulose, Sojaschaum und Bananenfasern einen Beitrag zur Bekämpfung der Menstruationsarmut zu leisten. Wenigstens 500 Millionen Frauen auf der ganzen Welt haben jeden Monat keinen ausreichenden Zugang zu Hygieneartikeln, Waschmöglichkeiten und Abfallentsorgung.
„Rafaela de Bona Gonçalves' Ansatz zur Problemlösung ist intelligent und mitfühlend. Sie geht zwei Probleme gleichzeitig an: Sie verbessert den Zugang von Frauen zu Hygieneartikeln und wandelt zugleich Abfall in einen wertvollen Rohstoff", sagt EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Preises für junge Erfinderinnen und Erfinder 2022. „Was als einzelnes Hochschulprojekt begann, hat sich zu einem vielversprechenden sozialen Unternehmen mit einem Netzwerk engagierter Partner entwickelt und einem Produkt, welches das Potenzial hat, das Leben von Frauen positiv zu beeinflussen."
De Bona Gonçalves ist eine der drei Finalisten des neuen Preises, mit dem das EPA die nächste Generation von Erfindern fördern möchte. Mit dem Preis werden junge Innovatoren im Alter von bis zu 30 Jahren ausgezeichnet, die Lösungen zur Bewältigung globaler Probleme und zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen entwickelt haben. Die Gewinner des Preises für junge Erfinderinnen und Erfinder werden im Rahmen der virtuellen Preisverleihung des Europäischen Erfinderpreises am 21. Juni bekannt gegeben.
Design gegen Menstruationsarmut
Auf die Idee, ein Menstruationsprodukt für obdachlose Frauen zu entwickeln, kam de Bona Gonçalves, als sie im Rahmen ihres Studiums einen Kurs über Designlösungen zur Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung belegte. „In Gesprächen mit Obdachlosen erfuhr ich von dem Problem der Menstruationsarmut", erklärt de Bona Gonçalves. „Für mich war das eine schockierende Entdeckung, denn darüber hatte ich vorher nie nachgedacht. Ich bin eine Frau und trotzdem wusste ich nichts davon. Ich fragte mich, wer beschäftigt sich mit diesem Problem? Und so beschloss ich, ein Produkt zu entwickeln, das diese Aufgabe löst."
Da obdachlose Frauen oft weder Unterwäsche haben, um Binden tragen zu können, noch einen Ort, wo sie Menstruationstassen waschen können, entwickelte de Bona Gonçalves einen vollständig abbaubaren Einwegtampon, der keinen Plastikmüll verursacht. Bei der Materialsuche stieß sie auf ein indisches Unternehmen, das Menstruationsbinden aus Bananenfasern herstellt, die nach der Ernte anfallen und in Brasilien im Überfluss vorhanden sind. Ihr Produkt wurde als klopapierähnliche Rolle konzipiert, die zusammenhängende Blätter aus saugfähigem geschichtetem Bananenfasermaterial abwickelt, die abgerissen, entfaltet und zu Tampons jeder Größte aufgerollt werden können.
Nachdem de Bona Gonçalves einen handgefertigten Prototypen entwickelt hatte, stoß sie jedoch auf Vertriebsschwierigkeiten. Daher entschied sie sich, ein zweites Produkt zu entwickeln. Dabei handelt es sich um ein weiteres biologisch abbaubares Hygieneprodukt, das je nach Vorliebe oder persönlichen Lebensumständen entweder als Binde mit Klebestreifen verwendet oder entlang der Perforation abgerissen und in zwei Tampons umgewandelt werden kann.
Binden für das Volk
De Bona Gonçalves' erstes Produkt (zum Patent angemeldet) mit dem Namen "Maria - intimate absorbent" - sollten lokale Behörden kostenlos verteilen. Da dies nicht möglich war, wandte sie sich auf der Suche nach Inspiration an Modelle sozialer Unternehmen. Sie entschied sich für den Ansatz „buy one, give one", bei dem ein Premiumprodukt - ihre zweite Version - verkauft wird und mit dem dann ein weiteres Produkt an diejenigen gespendet wird, die es sich nicht leisten können, dafür zu zahlen. Im Jahr 2021 startete sie eine Sensibilisierungskampagne unter dem Titel „Eu. Faço Parte" ("Ich nehme teil"), die auf dem Produktkonzept basiert, und gewann mehrere Designpreise.
De Bona Gonçalves arbeitet derzeit mit EcoCiclo zusammen, einem von jungen Frauen geführten brasilianischen Online-Marktplatz für nachhaltige, von Frauen hergestellte nachhaltige Produkte, um die Binden weiterzuentwickeln und auf den Markt zu bringen. Das aktuelle Design verwendet eine weiche Bambusfaser für die erste Schicht, Bananenfaser, Sojaschaum oder Holzzellulose für die zweite und eine wasserdichte, biologisch abbaubare Außenschicht. Die Bananenfasern werden von der von Frauen geführten Genossenschaft Rede Mulheres de fibra geliefert, die auch andere Produkte herstellen und benachteiligte Frauen beschäftigt. Der nächste Schritt ist die Finanzierung der Maschinen, um die Produktion auszuweiten und die Kosten zu senken, da die saugfähigen Binden momentan noch von Hand hergestellt werden. Ziel ist es, den Verkauf der „Eu. Faço Parte" Binden über eine Kampagne auf EcoCiclo zu verkaufen.
Hinweis an die Redaktion
Über die Erfinderin
Rafaella de Bona Gonçalves, 25, wurde in Curitiba, Brasilien, geboren. Sie schloss 2020 ihren Bachelor in Produktdesign an der Bundesuniversität Paraná ab und gewann für ihr Abschlussprojekt den iF Design Talent Award. Seit Mai 2021 arbeitet de Bona Gonçalves hauptberuflich als UX-Forscherin und Service-Designerin für das Gesundheitsdienstleistungsunternehmen Robot Laura. De Bona Gonçalves war Rednerin bei TEDx im Jahr 2019 und wurde mit weiteren Auszeichnungen und Preisen geehrt, darunter der silberne Bornancini Design Award im Jahr 2020 sowie der Diseño Responde Preis und der Tomie Ohtake e Leroy Merlin Design Award im Jahr 2021.
Über den Young Inventors prize
Das Europäische Patentamt hat den Preis für junge Erfinderinnen und Erfinder im Jahr 2021 ins Leben gerufen, um die nächste Generation von Erfindern zu inspirieren. Der Preis richtet sich an junge Menschen von bis zu 30 Jahren und zeichnet Initiativen aus, die Technologien nutzen, um einen Beitrag zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen zu leisten. Der erste Platz ist mit 20 000 EUR dotiert, die zweit- und drittplatzierten Finalisten erhalten jeweils 10 000 EUR bzw. 5 000 EUR. Eine unabhängige Jury, bestehend aus ehemaligen Finalisten des Europäisches Erfinderpreises, wählt die Finalisten und Gewinner. Das EPA wird den Preis erstmalig im Rahmen der virtuellen Preisverleihung des Europäischen Erfinderpreises am 21. Juni überreichen. Lesen Sie mehr über die Teilnahmebedingungen und Auswahlkriterien für den Young Inventors prize.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Pressekontakte Europäisches Patentamt
Luis
Berenguer Giménez
Leiter
Kommunikation
Pressestelle
des Europäischen Patentamts
Tel.
+49 89 2399 1833
press@epo.org