https://www.epo.org/de/node/sustaining-life-art-climate-emergency

Sustaining life. Art in the climate emergency

Ausgewählte Werke der EPO art collection, ab 5. Oktober 2023

© Rozbeh Asmani / Krištof Kintera, Foto: Christian Kain

Im Zuge der Revitalisierung des 3000qm groβen Kellerareals im Hauptgebäude des Europäischen Patentamts (EPA) wurde auch ein Projektraum für wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst angelegt, der noch Spuren der früheren Nutzung als Druckerei für Behördendokumente erkennen lässt. Decke, Wände, Böden und Raumzuschnitt wurden im Zuge der Umgestaltung des ca. 400qm großen Werkstattraumes erhalten oder wieder freigelegt. Auch typische Details wie die gelben würfelförmigen Steckdosen, die für die Kopier- und Druckmaschinen benötigt wurden, oder die deckenhohe Fliesenausstattung an den Wänden der Nebenräume blieben erhalten und werden als Gestaltungselemente bewusst sichtbar gelassen. Während die alten Mauern Hinweise auf den früheren Gebrauch geben, erlauben neue Ausstellungswände maximale Flexibilität bei der Raumgliederung. Der Blick ins Grüne sollte jedoch auch im Zuge der Umnutzung nicht verloren gehen, so dass die lange Fensterfront des Raums unverstellt geblieben ist.

Für die Eröffnungsausstellung zu den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Europäischen Patentübereinkommens wurde ein Thema gewählt, das für die strategische Ausrichtung des EPA in den kommenden Jahren zentral sein wird: Nachhaltigkeit. Deutlich wird dabei, dass aktuelle Herausforderungen wie globale Erderwärmung, Zerstörung von Ökosystemen, Hitzewellen und Flutkatastrophen, Abfallverwertung, Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung auch vor der Kunstwelt nicht haltmachen. Vielmehr werden diese Themen in der Gegenwartskunst aufmerksam beobachtet und verhandelt und in Form der gewählten Materialien sehr bewusst reflektiert. Unter dem Titel Sustaining life. Art in the climate emergency wurden mehr als 50 Werke von 37 KünstlerInnen aus 20 Ländern zusammengestellt, um zu zeigen, wie KünstlerInnen auf brennende Themen unserer Zeit reagieren. Die Präsentation ist in vier Kapitel gegliedert: Produktionsmuster und Konsumverhalten, Natur und Umwelt, Mobilität sowie Neue Lebensformen. Die meisten der ausgewählten Werke sind Arbeiten aus Papier, Metall oder Abfallprodukten. Sie stammen aus der Kunstproduktion der letzten 45 Jahre und offenbaren damit eindrücklich das seismographische Gespür, mit dem KünstlerInnen Veränderungen in der Welt wahrnehmen und auf kreative Weise thematisieren. Eindrucksvoll zeigt sich die Fähigkeit der Kunst, Entwicklungen zu antizipieren, oftmals lange, bevor diese zum Thema weiterer gesellschaftlicher Auseinandersetzungen oder wissenschaftlicher Forschung werden – eine Fähigkeit, die KünstlerInnen auch mit ErfinderInnen teilen, deren genaue Beobachtungsgabe und Fähigkeit, neue Zusammenhänge auf der Basis des Forschungsstandes herzustellen, Voraussetzung für Innovationen sind.

Diese Ausstellung wirft Fragen wie diese auf: Wie können wir vorankommen? Wie können wir die Beziehung zu unserem Planeten wiederherstellen? Wie können wir Klimagerechtigkeit erreichen? Können wir unsere Gewohnheiten, sozialen Strukturen und Kulturen neu bewerten, um neue Wege für unser Handeln und Erleben zu finden? Welche Lösungen und Innovationen können eine nachhaltige Zukunft für unsere Gesellschaft sichern? Können wir unsere Werte entsprechend neu überdenken?

Die ausgewählten Positionen der Ausstellung entstammen ausnahmslos dem Bestand der Kunstsammlung des EPA, die Ende der 1970er Jahre im Zuge eines Kunst-am-Bau-Programms mit Auftragsarbeiten für das damals vom Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (gmp) neu errichtete Hauptgebäude an der Isar ins Leben gerufen wurde. Sie umfasst inzwischen rund 1000 Werke zeitgenössischer Kunst, darunter 40 ortsspezifische Auftragsarbeiten, von denen einige sogar als Ensemble im städtischen Raum unter Denkmalschutz stehen. Die Sammlung von Gegenwartskunst wird durch den Erwerb zeitgenössischer Werke ständig erweitert. Arbeiten, die sich mit wissenschaftlichen Fragestellungen auseinandersetzen, technologieaffine Ästhetiken aufweisen und intellektuelle Auseinandersetzung zu interdisziplinären Themen erfordern, werden bevorzugt gesammelt. Ein besonderer Fokus liegt auf Arbeiten von internationalen KünstlerInnen der nächsten Generation, die mit ihrem visionären Geist und ihren zukunftsweisenden Ideen dazu beitragen, die Welt aus anderen Augen zu betrachten und den Diskurs von Menschen unterschiedlichster Herkunft, Religion, Nationalität oder Profession zu bereichern.

Gegründet mit dem Ziel, für die mehr als 6000 Bediensteten an verschiedenen europäischen Standorten ein stimulierendes und inspirierendes Arbeitsumfeld zu schaffen, ist die Sammlung inzwischen mehr als eine ästhetische Ausstattung von Foyers und Konferenzräumen oder Kantinen. Mit der Förderung von junger Kunst und der Pflege seiner Sammlung bildet das EPA als internationale Organisation sui generis nicht nur die kulturelle Vielfalt und den Reichtum künstlerischer Produktion der Mitgliedsstaaten der Europäischen Patentorganisation ab. Sie leistet auch durch das Sammeln selbst und das Bewahren von Kunst am Arbeitsplatz einen Beitrag zur Nachhaltigkeit für nächste Generationen und stellt – wie es auch das architektonische Erbe namhafter Architekten wie gmp vermag – einen wichtigen Beitrag zur Arbeitskultur des EPA im 21. Jahrhundert dar.