Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ – Londoner Übereinkommen

Das Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ - das sogenannte Londoner Übereinkommen - ist ein fakultatives Übereinkommen, das auf eine Senkung der Übersetzungskosten für europäische Patente abzielt. Es ist das Ergebnis langjähriger Bemühungen, eine kostengünstige Übersetzungsregelung für europäische Patente nach der Erteilung zu schaffen, die in den 90er-Jahren im Rahmen der Europäischen Patentorganisation angestoßen und auf der Pariser Regierungskonferenz am 24. und 25. Juni 1999 intensiviert wurden (s. ABl. EPA 1999, 545). Abgeschlossen wurde das Übereinkommen auf der Regierungskonferenz in London am 17. Oktober 2000 (s. ABl. EPA 2001, 549).

Die EPÜ-Vertragsstaaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind, verpflichten sich, auf die Einreichung von Übersetzungen europäischer Patente ganz oder weitgehend zu verzichten. Nach Artikel 1 (1), (2) und (3) des Londoner Übereinkommens

  • verzichtet ein Staat, der eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein hat, ganz auf die in Artikel 65 (1) EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse;
  • verzichtet ein Staat, der keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein hat, auf die in Artikel 65 (1) EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse, wenn das europäische Patent in der von diesem Staat vorgeschriebenen Amtssprache des EPA erteilt oder in diese Sprache übersetzt und nach Maßgabe des Artikels 65 (1) EPÜ eingereicht worden ist. Diese Staaten können allerdings verlangen, dass eine Übersetzung der Patent­ansprüche in einer ihrer Amtssprachen eingereicht wird.
Aktueller Stand der Beitritts- und Ratifikationsverfahren

Das Londoner Übereinkommen ist am 1. Mai 2008 in Kraft getreten, nachdem 13 EPÜ-Vertragsstaaten - einschließlich der drei Staaten, in denen 1999 die meisten europäischen Patente wirksam wurden, nämlich Deutschland, Frankreich und Vereinigtes Königreich - ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden hinterlegt hatten (s. Artikel 6(1) des Übereinkommens). Nach Artikel 6 Absatz 2 des Übereinkommens wird jeder Beitritt eines Staats nach dem 1 Mai 2008 am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der Betrittsurkunde wirksam.

EPÜ Vertragsstaaten Unterzeichnung Urkunde betreffend hinterlegt am Inkrafttretten
Albanien   Beitritt 31.5.2013 1.9.2013
Belgien   Beitritt 2.5.2019 1.9.2019
Bulgarien        
Dänemark 17.10.2000 Ratifizierung 18.1.2008 1.5.2008
Deutschland 17.10.2000 Ratifizierung 19.02.2004 1.5.2008
Estland        
Finnland   Beitritt 25.7.2011 1.11.2011
Frankreich 29.6.2001 Ratifizierung 29.1.2008 1.5.2008
Griechenland        
Irland   Beitritt 25.11.2013 1.3.2014
Island ------ Beitritt 31.8.2004 1.5.2008
Italien        
Kroatien ------ Beitritt 31.10.2007 1.5.2008
Lettland ------ Beitritt 5.4.2005 1.5.2008
Liechtenstein 17.10.2000 Ratifizierung 23.11.2006 1.5.2008
Litauen ------ Beitritt 22.1.2009 1.5.2009
Luxemburg 20.3.2001 Ratifizierung 18.9.2007 1.5.2008
Malta        
Nordmazedonien   Beitritt 20.10.2011 1.2.2012
Monaco 17.10.2000 Ratifizierung 12.11.2003 1.5.2008
Niederlande 17.10.2000 Ratifizierung 5.10.2006 1.5.2008
Norwegen ------ Beitritt 26.9.2014 1.1.2015
Österreich        
Polen        
Portugal        
Rumänien
San Marino
       
Serbien        
Schweden 17.10.2000 Ratifizierung 29.4.2008 1.5.2008
Schweiz 17.10.2000 Ratifizierung 12.6.2006 1.5.2008
Slowakei        
Slowenien ------ Beitritt 18.9.2002 1.5.2008
Spanien        
Tschechische Republik        
Türkiye        
Ungarn ------ Beitritt 28.9.2010 1.1.2011
Vereinigtes Königreich 17.10.2000 Ratifizierung 15.8.2005 1.5.2008
Zypern        
Wesentliche Punkte

Inkrafttreten

Das Londoner Übereinkommen ist am 1. Mai 2008 in Kraft getreten.

Anwendungsbereich

Das Londoner Übereinkommen gilt für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist (s. Artikel 9 des Londoner Übereinkommens). Die neue Übersetzungsregelung gilt daher in den Staaten, die das Londoner Übereinkommen ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind für alle europäischen Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung ab dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht wird. Für Albanien, Litauen und Nordmazedonien (früher bekannt als "Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien") hat das Londoner Übereinkommen keine Auswirkungen auf die bestehende Übersetzungsregelung.

In Dänemark, Frankreich (s. Urteile der Cour d'appel de Paris vom 14. April 2010), Island, Lettland, Luxemburg, Monaco, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz/Liechtenstein, Slowenien und dem Vereinigten Königreich gelten die neuen Regeln auch für in einem Einspruchs-, Beschwerde- oder Beschränkungsverfahren geänderte europäische Patente, die vor dem 1. Mai 2008 erteilt und an oder nach diesem Datum geändert worden sind (Bekanntmachung des entsprechenden Hinweises im Europäischen Patentblatt). Dies gilt auch für Ungarn falls ein Europäisches Patent vor dem 1. Januar 2011 erteilt und an oder nach diesem Datum in einem Einspruchs-, Beschwerde- oder Beschränkungsverfahren geändert worden ist.

In Deutschland gelten für europäische Patente, die vor dem 1. Mai 2008 erteilt und an oder nach diesem Datum geändert wurden, weiterhin die bisherigen Übersetzungserfordernisse. In Finnland gelten sie auch weiterhin für vor dem 1. November 2011 erteilte und in Norwegen für vor dem 1. Januar 2015 erteilte europäische Patente.

Für Kroatien gibt es keine einschlägigen Übergangsbestimmungen.

Was die von der Schweiz/Liechtenstein und vom Vereinigten Königreich erlassenen Übergangsvorschriften betrifft, wonach das Londoner Übereinkommen auch für europäische Patente gilt, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 bekannt gemacht worden ist, so wird auf die vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum und vom Britischen Amt für geistiges Eigentum veröffentlichten Informationen verwiesen.

Der Beitritt Belgiens zum Londoner Übereinkommen trat am 1. September 2019 in Kraft.

Belgien hatte bereits zuvor sein Patentrecht geändert, um es an das Londoner Übereinkommen anzupassen (s. ABl. EPA 2016, A99). Somit bleiben die derzeitigen Übersetzungserfordernisse in Belgien unverändert.

Mit Bezug auf die Übergangsvorschriften ist im belgischen Recht vorgesehen, dass für Belgien in englischer Sprache erteilte europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung bzw. die Aufrechterhaltung in geänderter oder beschränkter Fassung vor dem 1. Januar 2017 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wurde, weiter nach Maßgabe des Artikels 65 (1) EPÜ eine Übersetzung der Patentschrift in Französisch, Niederländisch oder Deutsch einzureichen ist.

Verzicht auf Übersetzungserfordernisse

Im Londoner Übereinkommen wird unterschieden zwischen 1) Staaten, die eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Englisch und Französisch) gemein haben, und 2) Staaten, die keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein haben.

1) Staaten, die eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein haben, verzichten auf die in Artikel 65(1) EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse (Artikel 1 (1) des Londoner Übereinkommens).

Diese Bestimmung ist derzeit auf folgende Staaten anwendbar:

  • Belgien
  • Deutschland
  • Frankreich
  • Irland
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Monaco
  • Schweiz
  • Vereinigtes Königreich

2) Staaten, die keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein haben, können verlangen, dass eine Übersetzung der Patentansprüche in einer ihrer Amtssprachen eingereicht wird (Artikel 1 (3) des Londoner Übereinkommens).

Folgende Staaten verlangen, dass die Patentansprüche in ihrer Amtssprache eingereicht werden:

  • Albanien (Albanisch)
  • Kroatien (Kroatisch)
  • Dänemark (Dänisch)
  • Finnland (Finnisch)
  • Nordmazedonien (Mazedonisch)
  • Ungarn (Ungarisch)
  • Island (Isländisch)
  • Lettland (Lettisch)
  • Litauen (Litauisch)
  • Niederlande (Niederländisch)
  • Norwegen (Norwegisch)
  • Schweden (Schwedisch)
  • Slowenien (Slowenisch)

Die obigen Staaten verzichten auf weitere Übersetzungserfordernisse, wenn das europäische Patent in der von ihnen vorgeschriebenen Amtssprache des EPA erteilt oder in diese Sprache übersetzt und nach Maßgabe des Artikels 65 (1) EPÜ eingereicht worden ist (Artikel 1 (2) des Londoner Übereinkommens).

Folgende Staaten haben Englisch vorgeschrieben:

  • Albanien
  • Dänemark
  • Finnland
  • Island
  • Kroatien
  • Niederlande
  • Norwegen
  • Schweden
  • Ungarn

In Dänemark, Finnland, Island, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Ungarn kann das europäische Patent auch in der Landessprache eingereicht werden.

Folgende Staaten haben keine Sprache nach Artikel 1 (2) des Londoner Übereinkommens vorgeschrieben:

  • Nordmazedonien
  • Lettland
  • Litauen
  • Slowenien

Nähere Informationen zu den Validierungserfordernissen in den EPÜ-Vertragsstaaten sind der EPA-Veröffentlichung "Nationales Recht zum EPÜ" zu entnehmen.

Nationale Rechtsgrundlagen

Die EPA-Veröffentlichung "Nationales Recht zum EPÜ" enthält eine umfassende Liste der Rechtsgrundlagen für die in den einzelnen EPÜ-Vertragsstaaten geltenden Validierungserfordernisse.

Albanien

  • Artikel 87/d des Gesetzes Nr. 9947 über das gewerbliche Eigentum vom 7. Juli 2008, geändert durch das Gesetz Nr. 55/2014 vom 29. Mai 2014

Belgien

  • Art. 94, 96 des Gesetzes vom 29. Juni 2016 über verschiedene Bestimmungen im Bereich Wirtschaft, Belgisch Staatsblad/Moniteur belge, 06.07.2016 (41701)
  • Gesetz vom 23. März 2019 über die Zustimmung zu folgenden internationalen Abkommen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums:
    • Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen vom 2. Dezember 1961, revidiert in Genf am 10. November 1972, am 23. Oktober 1978 und am 19. März 1991
    • Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente, geschehen zu London am 17. Oktober 2000
    Belgisch Staatsblad/Moniteur belge, 21.06.2019 (63940)

Dänemark

Deutschland

  • Artikel 8a, 8b und 10 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 betreffen das Londoner Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ; sie treten rückwirkend zum 1. Mai 2008 in Kraft.

Frankreich

  • Artikel 10 de Loi sur la lutte contre la contrefaçon vom 17.Oktober 2007, mit dem der Artikel L.614‑7 von code de la propriété intellectuelle geändert wird

Island

  • Artikel 77 (1) des Patentgesetzes Nr. 17/1991, geändert durch das Gesetz Nr.53/2004

Kroatien

  • Artikel 108o des Patentgesetzes (OG 173/03, 87/05 und 76/07)

Lettland

  • § 71 (2) des Patentgesetzes vom 15. Februar 2007

Litauen

  • Artikel 59(3) (2) und (3) des Patentrechts wie publiziert in “Valstybės žinios” Nr. 85/2005

Schweiz/Liechtenstein

Bundesbeschluss/Arrêté fédéral of 16.12.2005

Slowenien

Artikel 27 (2) des Gesetzes über das gewerbliche Eigentum vom 23.Mai 2001

Ungarn

Artikel 84/H des Gesetzes Nr. XXXIII von 1995 über den Patentschutz von Erfindungen

Artikel 11 der Verordnung Nr. 20/2002 (XII. 12.) IM des Justizministers über die detaillierten Förmlichkeitsvoraussetzungen der Patentanmeldung, der Anmeldung einer Pflanzensorte, der Eingaben im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen, mit europäischen Patenten sowie mit Anmeldungen von internationalen Patenten (Verordnung über die Förmlichkeitsvoraussetzungen)

Artikel 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 19/2005. (IV. 12.) GKM des Ministers für Wirtschaft und Verkehr über die Gebühren für Verwaltungsleistungen im Rahmen von Verfahren auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vor dem ungarischen Patentamt (Gebührenverordnung)

Vereinigtes Königreich

www.ipo.gov.uk