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Christoph Gürtler, Walter Leitner und Team

"Grüne" Kunststoffe unter Einsatz von Kohlendioxid

Preiskategorie
Industrie
Technisches Gebiet
Verfahrenstechnik
Firma
Covestro Deutschland AG
Die deutschen Chemiker Christoph Gürtler und Walter Leitner haben mit ihrem Team ein Verfahren zur Nutzung von CO₂ als Baustein bei der Kunststoffherstellung entwickelt, das den Energieverbrauch reduziert und den Abfallstoff CO₂ recycelt. Ihre Arbeit löst ein jahrzehntealtes Problem und ebnet den Weg für eine nachhaltigere Fertigung.

Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2021

Die Kunststoffherstellung trägt mit einem Anteil von 6% an der weltweiten Ölproduktion wesentlich zu unserer Gesamtkohlenstoffbilanz bei. Die Polymerklasse der Polyurethane wird weithin in Schäumen und Kunststoffen verwendet, deren Einsatzgebiete Möbel, Dämmstoffe, Sportausrüstung und Bauteile für elektronische Geräte sind. Bei der Herstellung der Polyurethane werden aufgrund des Kohlenstoffbedarfs große Mengen an Rohöl verbraucht, was alles andere als ökologisch nachhaltig ist. In der Vergangenheit haben Wissenschaftler versucht, Polymere auf CO₂-Basis herzustellen. Dies erwies sich für die industrielle Anwendung jedoch als zu teuer und energieintensiv.

2007 begannen Christoph Gürtler und Walter Leitner gemeinsam mit ihrem Kollegen damit, sich mit einem Problem zu befassen, das Wissenschaftlern seit den 1960er-Jahren Rätsel aufgab. Im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und Bayer MaterialScience (firmiert heute unter Covestro) versuchten sie, durch den Einsatz von Chemiekatalysatoren (die chemische Reaktionen zwischen anderen Stoffen auslösen oder beschleunigen, ohne dabei selbst Bestandteil der Endprodukte zu werden) CO₂ in wertvolle Materialien umzuwandeln. Dank ihres umfangreichen Fachwissens gelang ihnen der Erfolg, wo andere gescheitert waren. Sie entwickelten ein Verfahren, bei dem bestimmte Katalysatoren Reaktionen zwischen CO₂ und einem Rohölderivat beschleunigen. Das resultierende Material - ein kettenförmiges Molekül mit zwei oder mehr Hydroxylgruppen, das als Polyol bezeichnet wird - kann als Vorprodukt für die Herstellung von Gegenständen des täglichen Bedarfs verwendet werden. Das patentierte Verfahren trägt dazu bei, die Menge an fossilen Rohstoffen, die zur Herstellung eines chemischen Vorprodukts benötigt wird, um bis zu 20 % zu reduzieren, und ermöglicht die Nutzung des Abfallstoffs CO₂.

Mehr Nachhaltigkeit durch grüne Chemie

cardyon® - das von Gürtler, Leitner und ihrem Team entwickelte patentierte Erzeugnis auf CO₂-Basis - wurde von Covestro vermarktet, einem 2015 als Spin-off der multinationalen Bayer AG entstandenen Unternehmen. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter von Polyurethanlösungen und beschäftigt weltweit mehr als 16 500 Mitarbeiter. Die Erfindung von Gürtler und Leitner findet Anwendung in Weichschäumen für Matratzen und stoßgedämpfte Sportböden, als Waschmittelzusatz sowie künftig in dehnbaren Textilfasern für Kleidung wie Strümpfe, Bünde und BH-Träger. Covestro stellt in der Pilotanlage in Dormagen, Deutschland, mittlerweile bis zu 5 000 Tonnen cardyon® her und nutzt CO₂ aus einer nahe gelegenen Ammoniakproduktionsanlage. Zusammen mit 13 Partnern wandelt das Unternehmen im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts CO₂ aus der Stahlherstellung in Vorprodukte auf Polyurethanbasis um.

Heute setzen die beiden Erfinder ihre Arbeit in ihren jeweiligen Fachgebieten fort: Gürtler ist Leiter des Bereichs "Catalysis and Technology Incubation" bei Covestro, und Leitner ist Direktor des Bereichs "Molekulare Katalyse" am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion sowie Lehrstuhlinhaber für Technische Chemie und Petrolchemie an der RWTH Aachen. Ihre Zusammenarbeit zeigt, wie sich durch die Kombination von wissenschaftlichem Grundlagenwissen und industriellem Know-how zentrale Probleme lösen lassen. Beide Erfinder sind davon überzeugt, dass grüne Chemie beim Erreichen von Klimaneutralität eine wichtige Rolle spielt.

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